Ausweis der Pensionsrückstellung im Jahr der Zusage unter Berücksichtigung neuer „Heubeck-Richttafeln“

BFH v. 13.2.2019 – XI R 34/16

Wird im Jahr der Erteilung einer Pensionszusage eine Pensionsrückstellung gebildet und erfolgt dies im Jahr der Veröffentlichung neuer „Heubeck-Richttafeln“, existiert kein „Unterschiedsbetrag“ i.S.d. § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG, der auf drei Jahre verteilt werden müsste. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 6a Abs. 4 Satz 6 EStG lässt sich entnehmen, dass generell in allen Fällen der erstmaligen Bildung einer Pensionsrückstellung § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG zur Anwendung kommt.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, die ihrem zu einem Drittel beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer im November 2005 eine Pensionszusage genehmigt hatte; der Ausweis zum 31.12.2005 erfolgte ohne einen Mehrbetrag aufgrund der Änderungen der erstmalig im Wirtschaftsjahr 2005 anwendbaren sog. Heubeck-Richttafeln 2005 zu den „Heubeck-Richttafeln“ 1998.

Aufgrund einer Außenprüfung änderte das Finanzamt u.a. den Bescheid über Körperschaftsteuer 2005 und über den Gewerbesteuermessbetrag 2005. Da die der Berechnung der Pensionsrückstellung zugrunde liegenden „Heubeck-Richttafeln“ von 1998 im Juli 2005 geändert wurden, ging die Behörde davon aus, dass ein Unterschiedsbetrag, der auf der erstmaligen Anwendung der Richttafeln 2005 beruhe, gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 6a Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG auf drei Jahre zu verteilen sei. Danach gelte die Verteilungsregelung auch im Jahr der erstmaligen Zusage.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Das FG hat zu Recht angenommen, dass ein Mehrbetrag aufgrund der „Heubeck-Richtwerte“ der gem. § 6a Abs. 4 Satz 6 i.V.m. § 6a Abs. 4 Satz 3 und Satz 2 EStG auf drei Jahre verteilt werden musste, nicht vorliegt.

Eine Pensionsrückstellung darf für Zwecke der Besteuerung höchstens mit dem Teilwert angesetzt werden, der sich nach § 6a Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG bestimmt. In § 6a Abs. 4 EStG ist ein sog. Nachholverbot verankert. Nach § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung in einem Wirtschaftsjahr höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahres und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhöht werden. Von diesem Grundsatz sind in § 6a Abs. 4 Sätze 2 bis 5 EStG Ausnahmen geregelt.

So ist bestimmt, dass und soweit der Unterschiedsbetrag auf der erstmaligen Anwendung neuer oder geänderter biometrischer Rechnungsgrundlagen beruht, er nur auf mindestens drei Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt der Pensionsrückstellung zugeführt werden kann; entsprechendes gilt beim Wechsel auf andere biometrische Rechnungsgrundlagen. In dem Wirtschaftsjahr, in dem mit der Bildung einer Pensionsrückstellung frühestens begonnen werden darf (Erstjahr), darf des Weiteren die Rückstellung bis zur Höhe des Teilwerts der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahres gebildet werden; diese Rückstellung kann auf das Erstjahr und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt werden. § 6a Abs. 4 Satz 6 EStG ordnet u.a. im Fall des Satzes 3 die entsprechende Anwendung des Satzes 2 an.

Die Rechtsfrage der entsprechenden Anwendung des § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG auf den Fall des Erstjahres, wie er in § 6a Abs. 4 Satz 3 EStG geregelt ist (§ 6a Abs. 4 Satz 6 EStG), wird bislang unterschiedlich beantwortet. Während die Vorinstanz und auch bereits das FG Brandenburg (Urt. v. 23.8.2006, Az.: 2 K 2012/03) eine entsprechende Anwendung des Satzes 2 ablehnt, weil im Fall der erstmaligen Bildung einer Pensionsrückstellung ein „Unterschiedsbetrag“ i.S.d. Satzes 2 nicht existiere, werden in der Literatur unterschiedliche Standpunkte vertreten. Teilweise folgt man der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und Argumentation (vgl. Gosch in Kirchhof, EStG, 17. Aufl., § 6a Rz 21; Dommermuth in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 6a EStG Rz 154).

Nach anderer Auffassung ist die entsprechende Anwendung des Satzes 2 in der Weise vorzunehmen, dass im Erstjahr der Pensionsrückstellung, in dem sich auch die Richtwerte geändert haben, die Wahlrechte des § 6a Abs. 4 Satz 3 EStG nur hinsichtlich des Rückstellungswertes auf alter Richtwertgrundlage gelten sollen; der sich aufgrund der Anwendung der neuen Richtwerte ergebende Erhöhungsbetrag soll dagegen durch entsprechende Anwendung des § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG auf drei Wirtschaftsjahre verteilt werden. Die Finanzverwaltung ist ebenfalls der zuletzt genannten Ansicht (BMF-Schreiben v. 16.12.2005, IV B 2-S 2176-106/05; zum Übergang auf die „Heubeck-Richttafeln 2018 G“ s. BMF-Schreiben vom 19.10.2018, IV C 6-S 2176/07/10004:001).

Der Senat folgt der Ansicht der Vorinstanz und Teilen der Literatur, nach der eine Verteilung entsprechend § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG nicht vorzunehmen ist. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 6a Abs. 4 Satz 6 EStG lässt sich nämlich entnehmen, dass generell in allen Fällen der erstmaligen Bildung einer Pensionsrückstellung § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG zur Anwendung kommt.

Quelle: BFH online