Einzug des Milchlieferrechts nach Beendigung des Pachtvertrags

BFH v. 17.1.2019 – VI R 52/16

Wird ein Teil des Milchlieferrechts unentgeltlich zu Gunsten der Landesreserve eingezogen, sind die anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten auszubuchen. Ist das eingezogene Milchlieferrecht mit dem abgespaltenen Buchwert nach § 55 Abs. 1 EStG bilanziert, werden die anteiligen Anschaffungskosten den Anschaffungskosten des Grund und Bodens, von dem sie sich ursprünglich abgespalten hatten, wieder zugerechnet.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin unterhielt in den Streitjahren 2008 und 2009 einen landwirtschaftlichen Betrieb, den ihr Vater ihr 1997 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen hatte. Den Gewinn ermittelte sie gem. § 4 Abs. 1 EStG für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr. Dem Vater war im April 1984 eine Milchreferenzmenge (Milchlieferrecht) von 83.500 kg zugeteilt worden. Dieses Recht, das bis zu den Streitjahren verpachtet war, minderte sich in der Folgezeit durch Stilllegung und Aussetzung auf 76.402 kg. Das gesamte Milchlieferrecht bezog sich ausschließlich auf nach § 55 Abs. 1 EStG bewerteten Grund und Boden. In der Bilanz war es mit einem vom Grund und Boden abgespaltenen Buchwert i.H.v. 15.369 € ausgewiesen.

Im Wirtschaftsjahr 2008/2009 endete das Pachtverhältnis und die Klägerin erhielt die Milchreferenzmenge von nur noch 76.384 kg zurück. Auf Grund der Beendigung des Pachtverhältnisses wurden gem. § 48 Abs. 3 MilchquotV in der in den Streitjahren gültigen Fassung 33 % (= 25.207 kg) des Milchlieferrechts mit Wirkung zum 1.4.2008 entschädigungslos in die Landesreserve eingezogen. Die verbliebene Milchreferenzmenge von 51.177 kg veräußerte die Klägerin zum 1.11.2008 über die amtliche Verkaufsstelle für 19.146 €. Im Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 buchte die Klägerin das Milchlieferrecht i.H.v. 15.369 € gewinnmindernd aus.

Bei den Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre berücksichtigte das Finanzamt den Abgang des Milchlieferrechts nur i.H.v. 9.420 € gewinnmindernd. Soweit der anteilige Buchwert auf die eingezogene Milchreferenzmenge entfalle (33 %), sei er zwar auszubuchen, der dadurch entstandene Verlust unterliege aber dem Abzugsverbot des § 55 Abs. 6 EStG. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage insoweit statt, als es die Ausbuchung des Milchlieferrechts i.H.v. 10.297 € (67 % von 15.369,43 €) gewinnmindernd berücksichtigte. Die nachfolgende Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.

Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass auf Grund der Einziehung des Milchlieferrechts dessen Buchwert anteilig in Höhe von 33 % auszubuchen war. Zutreffend hatte es den Buchwertabgang entsprechend den anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten ermittelt. Im Ergebnis zu Recht hat das FG diesen Buchwertabgang nicht gewinnmindernd berücksichtigt. Dies folgt entweder daraus, dass der Buchwert des Milchlieferrechts den Anschaffungskosten des Grund und Bodens, von dem er abgespalten wurde, wieder zugerechnet wird, oder, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, der Verlust dem Abzugsverbot gemäß § 55 Abs. 6 EStG unterliegt.

Es ist geboten, die Buchwertabspaltung nach dem Wegfall des Milchlieferrechts wieder rückgängig zu machen. Dies wird dadurch erreicht, dass der von dem Grund und Boden abgespaltene Buchwert mit dem Wegfall des Milchlieferrechts dem Grund und Boden, von dem er abgespalten wurde, wieder zugerechnet wird. Die Rückgängigmachung der Abspaltung führt insbesondere im Hinblick auf die Verlustausschlussklausel des § 55 Abs. 6 EStG zu sachgerechten Ergebnissen.

Die Rückgängigmachung der Buchwertabspaltung ist darüber hinaus auch geboten, wenn das Milchlieferrecht auf Grund der Einziehung zur Landesreserve entschädigungslos aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Denn die entschädigungslose Einziehung wirkt im wirtschaftlichen Ergebnis ebenso wie der ersatzlose Wegfall des Milchlieferrechts mit dem Auslaufen der MGV zum 313.2015. In beiden Fällen geht die Vermögensposition ohne Zutun des Steuerpflichtigen entschädigungslos unter. Auch bei der entschädigungslosen Einziehung führt die Rückgängigmachung der Abspaltung daher zu weitgehend sachgerechten Lösungen im Hinblick auf das Verlustabzugsverbot in § 55 Abs. 6 EStG.

Befinden sich die Grundstücke, von deren Buchwerten die Buchwerte für das Milchlieferrecht abgespalten wurden, nicht mehr im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, scheidet eine Rückgängigmachung der Buchwertabspaltung aus. Die Ausbuchung des anteiligen Buchwerts führt mithin zu einem Verlust. Dieser Verlust unterliegt aber dem Verlustabzugsverbot des § 55 Abs. 6 EStG. Danach dürfen Verluste, die bei der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden i.S.d. § 55 Abs. 1 EStG entstehen, nicht berücksichtigt werden. Ungeachtet des Wortlauts unterliegt auch der von den nach § 55 Abs. 1 EStG bewerteten Grundstücken abgespaltene Buchwert für das Milchlieferrecht dem Verlustabzugsverbot gem. § 55 Abs. 6 EStG. Es ist daher geboten, nicht nur den Verlust, der bei einer Veräußerung oder Entnahme des Milchlieferrechts entstanden ist, sondern auch den Verlust, der durch die Einziehung des Milchlieferrechts entstanden ist, gemäß § 55 Abs. 6 EStG nicht zu berücksichtigen.

Quelle: BFH online