BFH v. 13.2.2019 – XI R 13/17
Der BFH hat Zweifel, welche Angaben des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen zur Bezeichnung der „Nummer der Rechnung“ in einem Vorsteuervergütungsantrag erforderlich sind. Er hat daher den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens angerufen und insoweit um Klärung gebeten.
Der Sachverhalt:
Die klagende in Österreich ansässige Kapitalgesellschaft, deren Unternehmensgegenstand die Abwicklung von Speditions- und Frachtaufträgen ist, beantragte die Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Juli bis September 2012 im Rahmen des besonderen Verfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV. Der Vergütungsantrag wurde dem beklagten Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) über das von der Finanzverwaltung in Österreich eingerichtete Portal elektronisch übermittelt.
Dem Antrag lagen Rechnungen über die Lieferung von Kraftstoffen, aus denen die Klägerin den Vorsteuerabzug geltend macht, zugrunde. In der amtlichen Anlage zum Antrag ist zu den Rechnungen in der Spalte „Beleg Nr.“ nicht die in der jeweiligen Rechnung aufgeführte Rechnungsnummer, sondern eine weitere, jeweils in der Rechnung ausgewiesene und in der Buchhaltung der Klägerin erfasste Referenznummer eingetragen. Das BZSt lehnte die Vorsteuervergütung ab, weil der Antrag den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprochen habe.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Hiergegen wendet sich die Revision des BZSt. Der BFH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens mehrere Fragen zur Entscheidung vor.
Die Gründe:
Nach Art. 171 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem i.V.m. Art. 7 der Richtlinie 2008/9/EG muss der nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässige Steuerpflichtige einen elektronischen Erstattungsantrag einreichen und hierbei für jede Rechnung u.a. Angaben zu Datum und Nummer machen. Der Erstattungsantrag muss dem Mitgliedstaat, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, spätestens am 30.9. des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen, wobei der Antrag nur dann als vorgelegt gilt, wenn der Antragsteller u.a. alle in Art. 8 geforderten Angaben gemacht hat (Art. 8 Abs. 2 Buchst. d bzw. Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG).
Der BFH ist der Auffassung, die Angabe der Referenznummer ermögliche eine eindeutige Zuordnung der Rechnungen. Der fristgemäß beim BZSt eingegangene Antrag sei allenfalls unrichtig, jedenfalls nicht unvollständig und damit nicht unwirksam. Soweit die Klägerin nach Ablauf der Antragsfrist eine Zuordnung der Referenznummern zu der jeweiligen Rechnungsnummer vorgenommen hat, handele es sich um eine unabhängig von der Antragsfrist mögliche Ergänzung der Angaben. Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll insbesondere geklärt werden, ob Art. 8 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/9/EG dahingehend auszulegen ist, dass auch die Angabe der Referenznummer einer Rechnung, die als zusätzliches Ordnungskriterium neben der Rechnungsnummer ausgewiesen ist, genügt.
Die Vorlagefragen im Einzelnen:
- Ist Art. 8 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 2008/9/EG), demzufolge in dem Erstattungsantrag für jeden Mitgliedstaat der Erstattung und für jede Rechnung unter anderem die Nummer der Rechnung anzugeben ist, dahingehend auszulegen, dass auch die Angabe der Referenznummer einer Rechnung genügt, die als zusätzliches Ordnungskriterium neben der Rechnungsnummer auf einem Rechnungsbeleg ausgewiesen ist?
- Falls die vorstehende Frage zu verneinen ist: Gilt ein Erstattungsantrag, in dem statt der Rechnungsnummer die Referenznummer einer Rechnung angegeben worden ist, als formell vollständig und im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/9/EG als fristwahrend vorgelegt?
- Ist bei der Beantwortung der Frage 2 zu berücksichtigen, dass der nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässige Steuerpflichtige aus Sicht eines verständigen Antragstellers aufgrund der Gestaltung des elektronischen Portals im Ansässigkeitsstaat und des Vordrucks des Erstattungs-Mitgliedstaats annehmen durfte, es genüge für eine ordnungsgemäße, jedenfalls formell vollständige und fristgerechte Antragstellung die Eintragung einer anderen Kennziffer als der Rechnungsnummer, um eine Zuordnung der antragsgegenständlichen Rechnung zu ermöglichen?
Quelle: BFH PM Nr. 25 vom 2.5.2019