Fahrschulunterricht ist kein von der Mehrwertsteuer befreiter Schul- und Hochschulunterricht

EuGH v. 14.3.2019 – C-449/17

Fahrschulunterricht für die Fahrerlaubnisklassen B und C1 ist kein von der Mehrwertsteuer befreiter Schul- und Hochschulunterricht. Der Fahrunterricht ist ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

Der Sachverhalt:
Die klagende GmbH ist eine private Fahrschule. Sie wendet sich vor den deutschen Gerichten gegen die Weigerung des Finanzamts, den von ihr erteilten Fahrunterricht von der Umsatzsteuer zu befreien. Konkret geht es um Unterricht im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C11, also für Kraftwagen, die zur Beförderung von Personen ausgelegt und gebaut sind und deren zulässige Gesamtmasse 3,5 bzw. 7,5 Tonnen nicht überschreitet.

Die Klägerin macht geltend, der von ihr erteilte Unterricht umfasse die Vermittlung von zugleich praktischen und theoretischen Kenntnissen, die für den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erforderlich seien. Dieser Unterricht verfolge keinen bloßen Freizeitzweck, da mit dem Besitz der betreffenden Fahrerlaubnisse u.a. beruflichen Anforderungen entsprochen werden könne. Für den zu diesem Zweck erteilten Unterricht müsse daher die von der Richtlinie 2006/112/EG (Mehrwertsteuerrichtlinie) für den „Schul- und Hochschulunterricht“ vorgesehene Befreiung (siehe Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j) gelten.

Der in der Revisionsinstanz mit der Sache befasste BFH hat das Verfahren ausgesetzt und möchte nun im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens vom EuGH wissen, ob der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts den in Rede stehenden Fahrunterricht umfasst.

Die Gründe:
Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts umfasst den von der Klägerin erteilten Fahrunterricht nicht.

Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie verweist allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen. Dieser Begriff umfasst jedoch nicht Fahrunterricht, der von einer Fahrschule wie der Klägerin im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird.

Der Fahrunterricht mag sich zwar vielleicht auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art beziehen. Er bleibt aber ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

Quelle: EuGH PM Nr. 31 vom 14.3.2019