FG Münster v. 29.11.2018 – 3 K 3014/16 Erb
Für den Erwerb eines Nießbrauchsrechts an einem land-und forstwirtschaftlichen Betrieb können die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen (Verschonungsabschlag und Freibetrag) nicht in Anspruch genommen werden. Denn die ertragsteuerlichen Grundsätze sind nicht anwendbar.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war Alleinerbin ihres Ehemannes. Zum Nachlass gehörte u.a. ein Nießbrauchsrecht an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Diesen Betrieb hatte der Ehemann der Klägerin Jahr vor seinem Tod seinem Sohn übertragen und sich dabei an dem Hof und dem dazugehörigen Grundvermögen auf Lebensdauer einen unentgeltlichen Nießbrauch vorbehalten. Nach dem Übertragungsvertrag sollte nach dem Ableben des Ehemannes das Nießbrauchsrecht der Klägerin auf deren Lebenszeit zustehen.
In der Erbschaftsteuererklärung setzte die Klägerin das Nießbrauchsrecht nach § 13a ErbStG als begünstigtes land- und forstwirtschaftliches Vermögen an. Das Finanzamt folgte der Auffassung der Klägerin nicht und unterwarf den Erwerb des Nießbrauchsrechts an dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und dem Grundvermögen im Erbschaftsteuerbescheid in vollem Umfang der Erbschaftsteuer.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision zum BFH wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht das Nießbrauchsrecht nicht als nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigtes land- und forstwirtschaftliches Vermögen bzw. als begünstigtes Betriebsvermögen qualifiziert.
Auch wenn ein Nießbraucher ertragsteuerlich als Mitunternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anzusehen ist, bedeutet dies nicht, dass das Nießbrauchsrecht auch erbschaftsteuerlich begünstigt ist. Da es seit der gesetzlichen Neuregelung der erbschaftsteuerlichen Begünstigungsvorschriften zum 1.1.2009 nur noch auf die bewertungsrechtliche Definition des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ankommt, ist nach bewertungsrechtlichen und nicht nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen, ob begünstigungsfähiges land- und forstwirtschaftliches Vermögen vorliegt.
Die Zuwendung eines Nießbrauchs ist bei Vermögen der Land- und Forstwirtschaft nicht begünstigt, denn das Nießbrauchsrecht stellt zivilrechtlich ein Nutzungsrecht dar, die ertragsteuerliche Qualifikation ist beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen für § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ohne Bedeutung. Die erbschaftsteuerlichen Folgen, die aus der Mitunternehmerstellung eines Nießbrauchers im Ertragsteuerrecht zu ziehen sind, können nicht auf den Erwerb eines Nießbrauchsrechts an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen übertragen werden, auch wenn das land- und forstwirtschaftliche Vermögen als solches begünstigt ist. Denn die ertragsteuerlichen Grundsätze sind nicht anwendbar. Die Folge ist, dass – im Gegensatz zu der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft – kein Übergang von land- und forstwirtschaftlichen Vermögen stattgefunden hat.
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass der von ihr als „Gutsverwaltung“ bezeichnete Betrieb das Betriebsvermögen an dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen sei, ist das ohne Bedeutung für die Qualifizierung die Nießbrauchs, denn nach § 95 Abs. 2 BewG gehört die Land- und Forstwirtschaft dann nicht zum Betriebsvermögen, wenn sie, wie hier, den Hauptzweck des Unternehmens bildet. Für die Zuordnung des mit dem Nießbrauch belasteten Vermögens ist es auch unerheblich, dass die Klägerin als Nießbraucherin steuerlich als Unternehmerin behandelt wird.
Aus § 13a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ErbStG ergibt sich nicht die klare Absicht des Gesetzgebers, einkunftsartenunabhängig die verschiedenen Quellen der Gewinneinkunftsarten einheitlich bei der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Betrachtung zu behandeln. Die Übertragung des Nießbrauchsrechts an dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb wird nach den gesetzlichen Vorschriften anders als bei Personengesellschaften nicht als privilegiert i.S.d. § 13a ErbStG behandelt. Es liegt damit, wie die Klägerin zutreffend ausführt, eine unterschiedliche Behandlung der Vermögensarten vor. Der Gesetzgeber ist aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gehalten, unterschiedliche Vermögensarten gleich zu behandeln.
Quelle: FG Münster PM vom 1.3.2019