Offenbare Unrichtigkeit bei unterbliebener Hinzurechnung der Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe

FG Köln v. 27.9.2018 – 11 K 2086/16

Die Nichthinzurechnung des Gewerbesteuerbetrags als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe kann zwar möglicherweise auf einem bloßen Versehen des steuerlichen Beraters bzw. der seinerzeit bei ihm tätigen Sachbearbeiterin beruht haben. Mit Blick auf den senatsbekannten Umstand, dass Rechtsanwendungsfehler gerade bei Änderungen der Rechtslage auch in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen noch vermehrt auftreten, besteht für den Senat die mehr als nur theoretische Möglichkeit, dass der vorliegende Fehler auf rechtliche Erwägungen zurückzuführen ist.

Der Sachverhalt:
Die steuerlich beratene Klägerin ist eine GbR und besteht aus drei Gesellschaftern. Sie betrieb im Besteuerungszeitraum 2010 einen gewerblichen Grundstückshandel und erzielte daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit Bescheid vom 6.9.2012 hatte das Finanzamt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß i.H.v. 270.475 € gesondert und einheitlich festgestellt und sie entsprechend dem Aufteilungsschlüssel auf die einzelnen Beteiligten der Klägerin verteilt. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde ebenfalls erklärungsgemäß festgesetzt, wobei der Gewinn aus Gewerbebetrieb in diesem Zusammenhang mit 310.858 € zugrunde gelegt wurde. Die Bescheide ergingen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurden bestandskräftig.

Im Rahmen einer internen Prüfung stellte das Finanzamt in der Folgezeit fest, dass der Gewinn im Feststellungsbescheid 2010 um 40.383 € zu niedrig angesetzt worden war, da die erforderliche Zurechnung der Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe unterblieben war. Vor diesem Hintergrund erließ es am 5.11.2015 einen auf § 129 AO gestützten Änderungsbescheid, in dem die Behörde die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 310.858 € ansetzte und auf die Beteiligten verteilte.

Die Klägerin war der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO nicht gegeben seien. Das FG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Das Finanzamt durfte den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 vom 6.9.2012 nicht nach § 129 AO berichtigen.

Der für die Gewerbesteuer relevante Gewinn wurde anhand der vorliegenden Parameter automatisch – insbesondere unter Berücksichtigung der Gewerbesteuer als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe – ermittelt und in die Gewerbesteuererklärung eingetragen. Da eine solche Programmverbindung für die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Streitjahr nicht bestand, war insoweit eine manuelle Ermittlung des Gewinns anhand der Angaben aus dem Jahresabschluss mit manueller Hinzurechnung u.a. des Gewerbesteuerbetrags erforderlich. Die Vornahme der Hinzurechnung setzt mit der Anwendung des § 4 Abs. 5 Buchst. b EStG eine rechtliche Wertung voraus.

Die Nichthinzurechnung des Gewerbesteuerbetrags als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe kann zwar möglicherweise auf einem bloßen Versehen des steuerlichen Beraters bzw. der seinerzeit bei ihm tätigen Sachbearbeiterin beruht haben, etwa wenn die Zurechnung aus rechtlichen Erwägungen hätte vorgenommen werden sollen und lediglich aus Unachtsamkeit unterblieben ist. Nach Auffassung des Senats besteht allerdings die mehr als nur theoretisch denkbare Möglichkeit, dass eine Hinzurechnung der Gewerbesteuer aufgrund fehlerhafter rechtlicher Erwägungen der seinerzeit für den steuerlichen Berater tätigen Sachbearbeiterin unterblieben ist.

Der steuerliche Berater führte in diesem Zusammenhang unwidersprochen und für den Senat nachvollziehbar aus, dass im Zeitraum der Erstellung der vorliegenden Feststellungserklärung gleichzeitig auch noch Steuererklärungen und Steuerbescheide bearbeitet worden seien, die das bis zum 31.12.2007 geltende Recht betroffen hätten und eine fehlerhafte Rechtsanwendung für das Streitjahr vor diesem Hintergrund wahrscheinlich sei. Mit Blick auf diese Anhaltspunkte sowie den senatsbekannten Umstand, dass Rechtsanwendungsfehler gerade bei Änderungen der Rechtslage auch in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen noch vermehrt auftreten, besteht für den Senat die mehr als nur theoretische Möglichkeit, dass der vorliegende Fehler auf rechtliche Erwägungen zurückzuführen ist.

Bei dieser Fallgestaltung kommt es dann auch nicht mehr darauf an, ob dem Sachbearbeiter des Beklagten bei der Veranlagung – also erst in einem weiteren, sich anschließendem Schritt – durch die Übernahme und Freigabe des erklärten Gewinns eine offenbare Unrichtigkeit oder aber ein Rechtsanwendungsfehler unterlaufen ist.

Quelle: Rechtsprechungsdatenbank NRW