BFH 5.9.2018, II R 57/15
Die Feststellung der Ausgangslohnsumme und die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten i.S.d. § 13a Abs. 1a S. 1 ErbStG sind zwei getrennte Feststellungen, die jeweils eigenständig einer Überprüfung im Einspruchs- und Klageverfahren zugänglich sind. Allein aus der Feststellung einer Ausgangslohnsumme lässt sich regelmäßig nicht herleiten, ob der Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat und die Steuerbefreiung daher nach § 13a Abs. 1 ErbStG der Lohnsummenbeschränkung unterliegt.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, die nach ihren Angaben im Kalenderjahr 2012 weniger als 20 Beschäftigte hatte. Sie war zu jeweils mehr als 25 % an verschiedenen Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland und in anderen Mitgliedstaaten der EU beteiligt. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18.10.2012 übertrug der Beigeladene einen Geschäftsanteil im Nennwert von 97.000 € an der Klägerin auf seine Tochter. Der Beigeladene übernahm für diese Zuwendung die Schenkungsteuer.
Auf Aufforderung des Finanzamts übersandte der Beigeladene eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für den übertragenen Geschäftsanteil. Er vertrat die Auffassung, dass eine Ausgangslohnsumme wegen der geringen Anzahl der Beschäftigten der Klägerin nicht festzustellen sei. Für den Fall, dass das Finanzamt dies anders sehe, sei die Ausgangslohnsumme unter Berücksichtigung der Beschäftigten der Gesellschaften, an denen die Klägerin beteiligt ist, festzustellen. Das Finanzamt stellte den Wert des übertragenen Geschäftsanteils auf den 18.10.2012 – der Höhe nach erklärungsgemäß – auf rd. 6,87 Mio. € und die Ausgangslohnsumme auf rd. 47,6 Mio. € fest.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG ist der Bescheid über die Feststellung der Ausgangslohnsumme rechtmäßig. Das Finanzamt hat die Ausgangslohnsumme sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zutreffend festgestellt.
Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 1a S. 1 ErbStG hat das Finanzamt, das die Feststellungen trifft, sowohl die Ausgangslohnsumme als auch die Anzahl der Beschäftigten festzustellen. Dabei handelt es sich um zwei getrennte Feststellungen, die jeweils eigenständig einer Überprüfung im Einspruchs- und Klageverfahren zugänglich sind. Die Feststellung einer Ausgangslohnsumme enthält nicht inzident die Anzahl der Beschäftigten und macht daher die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten nicht entbehrlich. Das für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzamt muss anhand der Feststellungen zweifelsfrei erkennen können, ob und wenn ja in welcher Höhe die Lohnsumme der weiteren Beobachtung bedarf. Allein aus der Feststellung einer Ausgangslohnsumme lässt sich aber regelmäßig nicht herleiten, ob der Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat und die Steuerbefreiung daher nach § 13a Abs. 1 ErbStG der Lohnsummenbeschränkung unterliegt.
Vorliegend ist die Ausgangslohnsumme nach § 13a Abs. 4 ErbStG erklärungsgemäß festgestellt worden. Die Höhe der Ausgangslohnsumme ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Das Finanzamt konnte die Feststellung wegen der Bedeutung für die Schenkungsteuer treffen. Der Feststellungsbescheid enthält keine Feststellung der Anzahl der im Betrieb der Klägerin Beschäftigten. Unter der Überschrift „D. Feststellung der Ausgangslohnsumme und der Anzahl der Beschäftigten (§ 13a Abs. 1a ErbStG)“ findet sich in einer Zeile nur die Feststellung der Ausgangslohnsumme. Diese Feststellung beinhaltet nicht zugleich die Feststellung, dass die Anzahl der Beschäftigten der Klägerin über 20 beträgt und damit der Verschonungsabschlag von der Einhaltung der Mindestlohnsumme abhängig ist.
Die Feststellung der Ausgangslohnsumme kann auch nicht im konkreten Fall dahin ausgelegt werden, dass mit ihr zugleich eine Beschäftigtenanzahl von mehr als 20 festgestellt ist. Die hohe Ausgangslohnsumme von rd. 47,6 Mio. € ist insbesondere bei einer Holdinggesellschaft wie der Klägerin kein sicheres Indiz dafür, dass der Betrieb der Klägerin jedenfalls mehr als 20 Beschäftigte hat und dies auch so festgestellt werden sollte. Die Ausgangslohnsumme umfasst Vergütungen an Beschäftigte der Klägerin und anteilig die Lohnsummen der nachgeordneten Beteiligungsgesellschaften. Da gerade bei Holdinggesellschaften Vergütungen an deren Beschäftigte hoch sein können, kann allein aus der Ausgangslohnsumme nicht auf die Anzahl der Beschäftigten geschlossen werden. Zudem hätte das Finanzamt die Ausgangslohnsumme auch feststellen müssen, wenn es davon ausgegangen wäre, dass die Anzahl der Beschäftigten im Betrieb der Klägerin nicht mehr als 20 beträgt und diese Angabe für die Schenkungsteuer von Bedeutung ist.
Die Feststellungen der Ausgangslohnsumme und der Anzahl der Beschäftigten sind Grundlage für die Gewährung des Verschonungsabschlags und müssen daher klar und eindeutig dem Feststellungsbescheid zu entnehmen sein. Aus diesem Grund kann trotz des Umstands, dass die Klägerin – mangels Feststellung der Anzahl der Beschäftigten – die Feststellung der Ausgangslohnsumme angefochten hat, obwohl sie diese der Höhe nach für zutreffend hält, nicht von einer Feststellung der Anzahl der Beschäftigten ausgegangen werden. Die von der Klägerin und dem Beigeladenen begehrte Feststellung, dass der Betrieb der Klägerin nicht mehr als 20 Beschäftigte hat, kann mit der erforderlichen Klarheit für die nachfolgende Steuerfestsetzung nur durch eine entsprechende Feststellung zur Zahl der Beschäftigten erreicht werden.
Quelle: BFH online