Steuerrechtliche Auswirkungen des „Spin-offs“ der Hewlett-Packard Incorporated

FG Düsseldorf v. 29.1.2019 – 13 K 2119/17 E

Aktionäre der Hewlett-Packard Company (HPC) haben durch die Ausgabe der Aktien der Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE) keine steuerpflichtigen Einkünfte erzielt. Der von der Hewlett-Packard Incorporated (HPI) durchgeführte „Spin-off“ ist eine Abspaltung i.S.d. einkommensteuerrechtlichen Sondervorschriften für Kapitalmaßnahmen. Die Abspaltung löst im Zeitpunkt der Zuteilung der Aktien keine Besteuerung aus.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit den 1990er Jahren Aktionär der Hewlett-Packard Company (HPC). Diese hatte im Jahr 2015 eine Kapitalmaßnahme durchgeführt. Zum 31.10.2015 änderte sie ihren Namen in Hewlett-Packard Incorporated (HPI). Anschließend übertrug sie zum 1.11.2015 ihr Unternehmenskundengeschäft im Wege eines sog. „Spin-Offs“ auf eine Tochtergesellschaft, die Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE). Die Aktionäre erhielten für eine alte Aktie der HPC eine Aktie der umbenannten Gesellschaft HPI und zusätzlich eine Aktie der HPE. Für die Aktie der HPI wurde von einer internationalen Agentur eine neue internationale Wertpapiernummer (ISIN) erteilt.

Die depotführende Bank des Klägers behielt auf die Ausgabe der Aktien der HPE Kapitalertragsteuer ein. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger geltend, dass die von seiner Bank ausgestellte Steuerbescheinigung unzutreffend sei. Denn der Vorgang sei ein steuerfreier Aktiensplit. Das Finanzamt hielt die Besteuerung der Aktienzuteilung als steuerpflichtige Sachausschüttung allerdings für zutreffend. Dabei verwies es auf eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben vom 20.3.2017, BStBl I 2017, 431).

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die dem Kläger im Rahmen der Umstrukturierung der HPC zugeteilten Anteile an der HPE führen nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen. Im Streitfall liegen nämlich die Voraussetzungen einer Abspaltung i.S.v. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG („Spin-off“) vor, mit der Folge, dass die übernommenen Anteile unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile treten.

Der Begriff der Abspaltung i.S.v. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist nach Ansicht des Senats extensiv im Sinne einer typusorientierten Gesamtbetrachtung auszulegen. Ausgehend von einem solchen – weiten – Auslegungsverständnis liegen im Streitfall die Voraussetzungen einer Abspaltung vor. Die Abspaltung unterscheidet sich von der Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG) dadurch, dass der übertragende Rechtsträger im erstgenannten Fall fortbesteht.

Die Finanzverwaltung verlangt für den Fall, dass – wie hier – eine Abspaltung von einem nicht im EU/EWR-Raum ansässigen Unternehmen vorgenommen wird, dass es sich um einen einer Abspaltung i.S.d. § 123 Absatz 2 UmwG vergleichbaren Vorgang handeln muss und hat diesbezüglich einen Kriterienkatalog erstellt. Danach müsse bei einer Abspaltung von einem nicht im EU/EWR-Raum ansässigen Unternehmen die ISIN des abspaltenden Unternehmens erhalten bleiben. Der Senat hält die Vergabe einer neuen ISIN für die lediglich umbenannte Gesellschaft allerdings für unschädlich.

Nach Auffassung des Senats führt der in Rz. 115 des BMF-Schreibens vom 18.1.2016 (BStBl I 2016, 85) aufgeführte Kriterienkatalog zu einer problematischen Vermischung von Tatbestandsmerkmalen und Indizien. Trennt man zwischen Tatbestands- und Beweisebene, stellt sich in tatbestandlicher Hinsicht zunächst die Frage, wie der Abspaltungsbegriff des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auszulegen ist. Insoweit geht der Senat davon aus, dass der Abspaltungsbegriff des § 20 Abs. 4 Satz 7 EStG „typusorientiert“ in Anlehnung an die Strukturmerkmale des § 123 Abs. 2 UmwG auszulegen ist. Für eine solche weite Auslegung des Abspaltungsbegriffs sprechen nach Auffassung des Senats sowohl die Entstehungsgeschichte als auch der Sinn und Zweck des § 20 Abs. 4a EStG.

Hintergrund:
Der Vizepräsident des Finanzgerichts Düsseldorf, Harald Junker, betonte die Breitenwirkung des Urteils: „Die Frage, welche steuerlichen Folgen der „Spin-off“ der Hewlett-Packard Incorporated im Jahr 2015 hat, dürfte auch für Kapitalmaßnahmen anderer Gesellschaften und damit für eine Vielzahl von Aktionären von Bedeutung sein. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung wegen der Abweichung von dem BMF-Schreiben die vom Finanzgericht zugelassene Revision einlegen wird.“

Quelle: FG Düsseldorf PM v. 2.4.2019