Vorsteuerabzug aus Anschaffungskosten für einen Ferrari

FG Hamburg v. 27.9.2018 – 3 K 96/17

Trotz des mit dem Erwerb eines Luxussportwagens (hier: Ferrari) grundsätzlich verbundenen privaten Affektionswertes für den Nutzer und der im Verhältnis zum Umsatz und Gewinn des Unternehmers hohen Anschaffungskosten ist der Vorsteuerabzug nicht gem. § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG ausgeschlossen, wenn die Anschaffung entsprechend der Erwartung des Unternehmers nachweislich zur Eröffnung substantieller Geschäftschancen geführt hat.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH und befasste sich Streitjahr 2012 im Wesentlichen mit der Projektentwicklung zur Energieerzeugung von regenerativen Quellen. Im Betriebsvermögen der Klägerin befanden sich zu Beginn des Streitjahres folgende Fahrzeuge:

ein Alfa Romeo Spider;
ein VW Tiguan;
ein Renault Wind;
ein BMW X 1 und
ein Renault Megane

Im Mai 2012 kaufte die Klägerin einen gebrauchten Ferrari California zum Preis von 153.697 € zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. 29.202 €. Der Geschäftsführer, der den Ferrari nutzte, hatte sich darauf berufen, das Fahrzeug bei „Netzwerktreffen“ einzusetzen, um Kooperationspartner zu akquirieren, dies im Ergebnis allerdings ohne Erfolg. Zudem sei das Fahrzeug für Besuche potentieller Investoren benötigt worden. Demgegenüber seien für Besuche bei Landwirten, mit denen über Pacht- und Kaufverträge verhandelt worden sei, der VW Tiguan genutzt worden.

Nach Ansicht des Finanzamtes handelte es sich bei den Anschaffungskosten für den Ferrari um nicht abziehbaren Repräsentationsaufwand i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG mit der Folge einer Kürzung des Vorsteuerabzuges im Streitjahr um die Umsatzsteuer auf den Kaufpreis für den Ferrari.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Ferraris zu Unrecht versagt. Die allgemeinen Abzugsvoraussetzungen sind erfüllt. Der Vorsteuerabzug ist auch nicht nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG ausgeschlossen.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung hat der Unternehmer die mindestens zehnprozentige unternehmerische Nutzung in Zweifelsfällen glaubhaft zu machen, z. B. durch Aufzeichnung der Jahreskilometer des betreffenden Fahrzeugs und der unternehmerischen Fahrten mit Fahrtziel und gefahrenen Kilometern (BMF-Schreiben vom 29.5.2000, Tz. 2, BStBl I 2000, 819). Das Gericht kann aber auch auf alle sonstigen Umstände des Falles zurückgreifen. Es entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gericht war im vorliegenden Fall davon überzeugt, dass die Anschaffung des Ferraris zur Eröffnung substantieller Geschäftschancen geführt hat.

Der Vorsteuerabzug ist auch nicht ausnahmsweise nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG ausgeschlossen. Danach sind als Betriebsausgaben nicht abziehbar andere als die in den (im Streitfall nicht betroffenen) Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind. Ob ein unangemessener betrieblicher Aufwand vorliegt, ist nach BFH-Rechtsprechung danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer – ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen – angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte.

Die Anschaffung eines teuren und schnellen Wagens ist daher nicht stets „unangemessen“ i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, wenn die Benutzung eines repräsentativen Wagens für den Geschäftserfolg keine Bedeutung hat. Vielmehr ist die Bedeutung des Repräsentationsaufwands nur eine von mehreren Tatsachen, die im Einzelfall zu würdigen und gegeneinander abzuwägen sind. Auch wenn bei dem Erwerb eines Luxussportwagens von einem privaten Affektionsinteresse auszugehen ist und die Gesellschaft im Streitjahr und den Folgejahren nur Verluste bzw. später geringe Gewinne erwirtschaftet hatte, war der Aufwand nicht unangemessen. Nach hinreichender Überzeugung des Gerichts stand jedoch fest, dass die Anschaffung des Ferraris entsprechend der Erwartung der Klägerin zur Eröffnung substantieller Geschäftschancen für sie geführt hatte.

Quelle: Justizportal Hamburg