BFH v. 13.2.2019 – XI R 1/17
Abmahnungen, die ein Rechteinhaber zur Durchsetzung eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs gegenüber Rechtsverletzern vornimmt, sind umsatzsteuerpflichtig. Gegenleistung für die Abmahnleistung ist der vom Rechtsverletzer gezahlte Betrag.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist eine Tonträgerherstellerin und Inhaberin von Verwertungsrechten an Tonaufnahmen. Sie ließ mit Hilfe einer beauftragten Rechtsanwaltskanzlei Personen, die Tonaufnahmen im Internet rechtswidrig verbreitet hatten, abmahnen. Gegen Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Zahlung von pauschal 450 € (netto) bot sie an, von der gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche abzusehen.
Die Klägerin ging davon aus, dass die erhaltenen Zahlungen als Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzungen anzusehen seien und daher keine Umsatzsteuer anfalle. Die ihr von der Rechtsanwaltskanzlei in Rechnung gestellte Umsatzsteuer i.H.v. 63.333 € zog sie gleichzeitig als Vorsteuer ab. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr 2010 auf 32.785 € fest.
Das FG entschied, dass die Abmahnungen der Rechtsverletzer durch die Klägerin nicht umsatzsteuerbar seien. Allerdings sei im Gegenzug der Vorsteuerabzug aus den Leistungen der beauftragten Kanzlei zu versagen. Auf die Revision des Finanzamtes hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Gründe:
Die Klägerin hat – entgegen der Auffassung des FG – an die Rechtsverletzer steuerbare Leistungen erbracht;
Unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung durch die Beteiligten und der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage sind Abmahnungen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs als umsatzsteuerpflichtige Leistungen im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Abmahner und den von ihm abgemahnten Personen zu qualifizieren. Denn die Abmahnung erfolgt zumindest auch im Interesse des jeweiligen Rechtsverletzers, weil er die Möglichkeit erhält, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Dies ist sodann als umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen.
Für das Ergebnis ist es unerheblich, dass im Zeitpunkt der Abmahnung nicht sicher festgestanden hatte, ob die Abmahnung erfolgreich sein wird. Denn auch wenn ungewiss ist, ob die abgemahnte Person ein Rechtsverletzer ist und zahlen wird, besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmahnung als sonstige Leistung und der dafür erhaltenen Zahlung. Damit überträgt der BFH seine ständige Rechtsprechung zu Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf Abmahnungen nach dem Urheberrechtsgesetz.
Da die Abmahnleistungen der Klägerin umsatzsteuerpflichtige Umsätze darstellen, steht der Klägerin der – vom Finanzamt gewährte und vom FG versagte – Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG aus den in den Rechnungen der Kanzlei für ihre Tätigkeiten in diesem Zusammenhang ausgewiesenen Umsatzsteuer zu.
Quelle: BFH PM Nr. 28 vom 8.5.2019